Bei mir ist gerade viel los. Ich weiß, dass das gerade auch im Großen und Ganzen und bei jedem so ist. Die Zeit hat es in sich. Trotz Entschleunigung im Außen – oder eher  aufgrund dieser Entschleunigung  werde ich auf mich selbst zurückgeworfen. Die Illusion der Struktur, der vermeintlichen Sicherheit des Alltags bröckelt gerade wirklich.

Ich bin heute mit „Weltschmerz“ aufgewacht. Einer tiefen Trauer und Sehnsucht. Mein ganzer Körper hat weh getan – so ein bisschen wie Sisyphus mit seinem Stein sich fühlen muss. Und interessanterweise gab es da einen Teil in mir, der dankbar war. Einerseits dafür, dass ich dieses Gefühl wahrnehme und nicht wegschiebe – und weil ich mich mehr mit „da draußen“ verbunden gefühlt habe. Im Sinne von ja, ich bin nicht nur mit meinem Gefühls- und Lebenschaos beschäftigt, da darf auch noch das Mitgefühl für das Kollektiv, große Ganze Raum finden und dazu das Mitgefühl für mich. Verständnis dafür, das es kein Patentrezept gibt. Das Leben ein unentwegtes Balancieren und sich neu erfinden ist. Ich empfinde das als enorm anstrengend, aber auch als Einladung neugierig zu bleiben, wacher zu werden.

Für mich ist die aktuelle Situation eine Einladung dafür. Mut zu haben, Neues und Veränderung immer wieder zu umarmen und anzunehmen. Dabei zugleich sehr wohl zu sehen, was kann ich ändern und wo ist es sinnvoll loszulassen.

Ein Freund hat gestern zu mir gesagt „Choose your battlefields wisely“ – „Überlege dir, welche Schlachten zu kämpfst“.  Und ich denke, das geht Hand in Hand mit dem Loslassen, was ich nicht ändern kann. Aber sehr wohl gleichzeitig alles mir Bestmögliche zu tun, soweit  meine Kraft und Durchhaltevermögen reicht – wenn „es das ganze wert ist“.

Warum kämpfe ich für gewisse Dinge und setze mich dafür ein? Geht es dabei einfach um „Recht zu haben“? Oder weil es schon immer so war? Oder gibt es da noch mehr? Bewusster zu entscheiden, wofür setze ich meine Lebenszeit und meine Kraft ein, ist jeden Tag eine neue Herausforderung. Und die Entschleunigung im Außen bietet mir die Chance, diese Möglichkeit der Entscheidung manchmal überhaupt erst zu sehen …

 

Weltschmerz, Entschleunigung und der Balanceakt